Fleisch reifen lassen

by wbartl@proseco.at
Fleisch reifen lassen

Was steckt dahinter und welche Methoden zur Fleischreifung gibt es

Manches Fleisch, das beim Grillen zäh wird, ist nicht von minderer Qualität, oder gar schlecht gegrillt worden, sondern einfach schlecht (sprich zu kurz) gereift. Fleisch benötigt wie Wein und Käse eine gewisse Zeit, um das volle Aroma zu entfalten. Wer meint, nur das frischeste Fleisch ist das Beste, der irrt hier gewaltig. Eine gute Reife gilt nicht nur für Rindfleisch, selbt Hühnerfleisch entfaltet sein volles Aroma erst nach ca. einem Tag. Beim Schweinefleisch sind es schon mehrere Tage und beim Rindfleisch sprechen wir bereits von mehreren Wochen Reifezeit. In anderen Ländern wird dieses Thema ziemlich ausgereizt. so gibt es in Australien oder in Amerika ein „100 days“ Steak. Eine Auszeichnung für höchsten Fleischgenuss, das Sie nur mehr in ausgewählten Steakhäusern bekommen und welches unglaubliche Preise erzielt. Bei so langen Reifezeiten ist die Oberfläsche des Fleisches meist bereits mit einem Edelschimmel überzogen, der dann vor der Zubereitung entfernt werden muss. In Österreich ein undenkbarer Zustand.

In Österreich bekommen Sie ein Stück Fleisch, welches das AMA Gütesiegel trägt mit einer Reifezeit von mindestens neuen Tagen. Das ist bereits ein guter Wert, da die Reifung immer langsamer vor sich geht, je länger sie dauert. Wie aber können Sie reifes Fleisch erkennen? Wenn das Fleisch leuchtend rot ist, dann ist es frisch, lassen Sie es liegen. Wenn Sie in das Fleisch reindrücken und es federt elastisch zurück, dann ist es auch frisch, lassen Sie es ebenfalls liegen. Wenn Sie aber ein dunkelrotes fast schon braunrotes Stück Fleisch sehen, bei dem eine Delle im Fleisch bleibt, wenn Sie reindrücken, dann haben Sie gereiftes Fleisch gefunden, das können Sie beruhigt kaufen. Fragen Sie aber zur Sicherheit immer auch den Fleischhauer Ihres Vertrauens nach gereiftem Fleisch, er wird Sie sicher gut beraten. Falls Sie nun auf die Idee kommen, ein Stück frisches Fleisch zu kaufen und dieses reifen zu lassen, seine Sie vorsichtig. Eine Reifung muss unter bestimmten Bedingungen (Temperatur, Luftfeuchtigkeit) erfolgen. Es hält sich übrigens hartnäckig das Gerücht, das fleisch auch im Gefrierschrank nachreift. Das ist falsch. tiefgekühltes Fleisch verändert sich nicht, bzw. erst nach dem Auftauen wieder, dann aber schneller.

Geben Sie Ihrem Steak die Zeit, die es benötigt um die optimale Reife zu erlangen

Die Reifung spielt bei Grillfleisch eine besonders wichtige Rolle: Vor allem Rindfleisch erhält gerade durch die richtige Reifung seine zarte Konsistenz, seinen vollen Geschmack und seine hochwertige Qualität.

Gut abgehangenes Fleisch ist ein Muss, damit sich das Aroma später voll entfalten kann. Direkt nach der Schlachtung beginnt die Fleischreifung bereits – sie kann dann, abhängig vom jeweiligen Fleischstück zwischen neun Tagen und acht Wochen andauern. Bei der Reifung von Fleisch gibt es zwei Phasen.

Die beiden Phasen der Fleischreifung

Nach der Schlachtung geht die schlaffe Muskulatur des Fleisches in die Totenstarre über, weil die Muskeln nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden und der Stoffwechsel daher nun anaerob funktioniert. Der pH-Wert reduziert sich, es entsteht eine Säuerung, welche unterschiedliche Aromen hervorbringt. Natürlich ist schlachtfrisches Rindfleisch dadurch sehr zäh und kann noch nicht verzehrt werden.

Die zweite Phase bezeichnet die eigentliche Reifung des Fleisches. In der Regel löst sich die Totenstarre beim Rind nach zwischen 26 und 40 Stunden. weil dabei Milchsäure entsteht, sinkt der pH-Wert von 7 auf 5,8 und noch weiter ab. Dies setzt wiederum Enzyme frei, wodurch sich die Strukturen der Muskelfasern auflösen und das Fleisch mit der Zeit an Zartheit gewinnt. Dieser Vorgang ist für die Entstehung von Aminisäuren verantwortlich, die letzten Endes das Aroma des Fleisches ausbilden.

Wie lange die Fleischreifung letzten Endes andauert, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Geschlecht, das Alter, die Rasse oder auch das Körperteil des Tieres. Fleisch von einer jungen Färse (weibliches Tier ohne Kälber) sehr zart, muss aber trotzdem über einen gewissen Zeitraum hinweg reifen. Die Reifung findet dabei sehr kontrolliert statt: Die Luftfeuchtigkeit und Temperatur der Umgebung müssen stimmen, damit sich das Fleisch richtig entwickelt.

Methoden der Fleischreifung

Noch bis vor einigen Jahren erfolgte die Reifung in Hälften oder Vierteln, die an Deckenhaken hängend über mehrere Wochen hinweg in speziellen Räumen verblieben. Hier sprach man vom „abhängen“. Heute bezeichnen Profis diese traditionelle Methode der Fleischreifung als „dry aging“. Am weitesten verbreitet ist heutzutage allerdings die Reifung in Folie, während das Fleisch sich in einem Vakuum befindet – das sogenannte wet aging.

Doch wie erkennt man, ob Rindfleisch gut gereift ist? Maßgeblich verantwortlich sind hierfür vor allem zwei Merkmale: Seine intensive dunkle rotbraune Farbe und seine Konsistenz. Ist Fleisch gut greift, bleibt nach einem kurzen Druck mit dem Finger eine sichtbare Mulde im Fleisch, die erst nach mehreren Sekunden wieder verschwindet. Leuchtet das Fleisch in kräftigem Rot, ist es noch frisch, dafür aber auch zäher. Wenn das Fleisch sich mit der Zeit rotbraun verfärbt, weil es über mehrere Tage oder Wochen abgehangen wird, dann gewinnt es an Zartheit und wird immer feiner.

Die besondere Art der Steakreifung: Dry Aged Steaks sind ein besonderer Genuss

Dry Aged Beef bezeichnet ein trocken abgehangenes Rindfleisch, welches auch von echten Steak-Profis auf der ganzen Welt sehr geschätzt wird, da es sich durch ein unverwechselbares, intensives Aroma auszeichnet. Schon seit Jahrzehnten bereitet man in den USA Rinderrücken zu, der am Knochen gereift ist. Das Dry Aging bezieht sich dabei auf die Trockenreifung, bei dem das Fleisch in einem trockenen Raum mit geregelter Luftfeuchtigkeit und Temperatur abgehangen wird, bis es die gewünschte Konsistenz erhält.

Optimal sind die Bedingungen für eine Trockenreifung, wenn die Luftfeuchtigkeit bei etwa 60% liegt. Dann sind Rib Eye Steaks und Roastbeef nach etwa drei bis vier Wochen fertig abgehangen, für Filets genügen bereits sieben Tage, ehe man es vom Knochen ablöst. Die Lagertemperatur liegt dabei etwa bei 0 °C mit einer Umluft von 0,5 bis 2 m/sek.
Selbstverständlich ist dieses Verfahren recht zeitaufwändig, allerdings ist dies auch der Grund, warum Dry Aged Beef keine günstige Spezialität ist.
Nach einigen Tagen entsteht im Kühlhaus ein sehr spezieller Duft nach Moschus, Hefe und würzigem Schinken, welcher für jeden Steakfan ein Genuss ist.

Nach rund zehn Reifetagen hat die Textur des Fleisches ihre „Endform“ erreicht, doch der Geschmack kann sich noch rund vier weitere Wochen entwickeln. Dann hat er seine maximale Intensität erreicht und kann sich nicht mehr verbessern. Sehr wichtig ist jedoch nach dem Kauf auch die richtige Zubereitung von Dry Aged Beef, denn dieses benötigt eine besondere Behandlung: Ehe man das Fleisch brät, sollte es für zwei bis drei Stunden bei Zimmertemperatur auf einem Teller ruhen. Die optimale Dicke beträgt zwei bis drei Zentimeter. Erhitzen Sie das Fleisch mit etwas Butterschmalz in einer Pfanne aus Edelstahl oder Eisen und braten Sie es von jeder Seite ein bis zwei Minuten kräftig an, bis es eine braune Kruste erhält. Wenn Sie möchten, können Sie diese anschließend noch mit Butter übergießen, damit die Kruste besonders knusprig wird – dazu ein leckerer Rotwein und fertig ist eines der edelsten und aromatischsten Fleischgerichte.

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